strukturierter Siliziumwafer und Halbleiterbauteile im TO-Gehäuse

Halbleiterelektronik Grundlagen


Ideen:
U. Tietze, Ch. Schenk, Halbleiter – Schaltungstechnik, Springer-Verlag, Berlin, 2002
J. Grehn, J. Krause, "Metzler-Physik", Schroedel Verlag, 2002
P. Horowitz, W. Hill, The art of electronics, Cambridge University Press, 2005


Die Anzahl freier Ladungsträger bei Halbleiterwerkstoffen ist stark material- und temperaturabhängig. Die Leitfähigkeit ist bei der Herstellung nicht nur einstellbar sondern darüber hinaus bei vielen Halbleiterbauelementen sogar im Betrieb veränderbar.

In diesem Artikel werden die Grundlagen der Halbleiterelektronik erklärt. Neben dem Leitungsmechanismus wird der Aufbau einer Diode erklärt.

Geschichte der Halbleiterbauelemente



Hableiterlaser im TO-Gehäuse und bearbeiteter Siliziumwafer
Abb. 1: Hableiterlaser im TO-Gehäuse und bearbeiteter 4"-Siliziumwafer.

1939 veröffentlichten die Physiker Walter Schottky und Eberhard Spenke eine wissenschaftliche Arbeit über die Wirkungsweise von Dioden mit Metall-Halbleiterübergang. Die Verdienste Schottkys wurden mit der Bauelementbezeichnung “Schottky-Diode” gewürdigt.

Die Entwicklung des Transistors 1947 geht auf einen zufällig in den Bell Laboratories beobachten Effekt zurück. William Schockley und andere Physiker beobachteten, dass eine Änderung der Flussspannung an der ersten Diode eine Änderung des Sperrstroms der zweiten Diode zur Folge hatte. 1950 wurde der erste Flächentransitor gebaut (pnp- Germanium-Transistor) bei dem die übergänge in den Kristall verlagert wurden.

1953 wurde das CVD-Verfahren (Chemical Vapour Deposition) zur Herstellung von polykristallinem und monokristallinem Silizium entwickelt. Silizium hat eine Temperatur- beständigkeit bis 150 °C und hat aufgrund des höheren spezifischen Widerstandes bei Raumtemperatur einen geringeren Sperrstrom. Sein Vorkommen ist nahezu unbegrenzt. Der erste bipolare Transistor aus Silizium wurde 1954 von Gordon Teal in den Bell Laboratories gebaut.

Heinrich Welker entdeckte 1953 im Siemens & Halske – Forschungslabor, dass bestimmte Verbindungen aus drei- und fünfwertigen Stoffen Halbleitereigenschaften besitzen. Die Entdeckung dieser III-V Halbleiter führte Mitte der 60er Jahre zur Herstellung von rot abstrahlenden Leuchtdioden (LEDs) und später zu den Halbleiterlaserdioden (s. Abb. 1).

Physikalische Grundlagen der Halbleiter - Halbleiterwerkstoffe und Leitungsmechanismen



Halbleiterwerkstoff Anwendung
Silizium (Si) Dioden, Transistoren, ICs, Solarzellen, Thyristoren
Germanium (Ge) Hochfrequenz-Transistoren
Galliumarsenid (GaAs) rot-infrarote Leuchtdioden und Laser, Solarzellen, Fotodioden
Indiumphosphid (InP) infrarote Laser, Fotodioden
Galliumphosphid (GaP) grüne Leuchtdioden
Galliumnitrid (GaN) blaue Leuchtdioden und Laserdioden
Tab. 1 Halbleiterwerkstoffe und deren Anwendungsbereiche.

Die elektrische Leitfähigkeit von Festkörpern hängt in erster Linie von der Anzahl der freien Ladungsträger ab. Die Anzahl dieser freien Ladungsträger ist bei Halbleiterwerk­stoffen stark material- und temperaturabhängig. Die am hä̈ufigsten verwendeten Halbleiterwerkstoffe und deren Anwendungsgebiete sind in Tab. 1 dargestellt.

Bei Halbleitern unterscheidet man prinzipiell zwischen zwei Leitungs­mechanismen: die Eigenleit­fähigkeit und die Störstellenleitfähigkeit. Während die Eigenleitfähigkeit material- und temperatur­abhängig ist und eine fest vorgegebene Größe darstellt, lässt sich die Störstellen­leitfähigkeit des Halbleiters sehr gezielt beein­flussen.

Die Eigenleitung (engl. intrinsic conduction) wird durch das Aufbrechen von Elektronen­paarbindungen verursacht. Durch Energiezufuhr in Form von Wärme oder Licht werden Gitterschwingungen (Phononen) verursacht, welche dafür sorgen, dass einzelne Valenz­elektronen frei beweglich werden. Je höher die Temperatur in einem Kristall, desto höher dessen Leitfähigkeit.

Störstellenleitfähigkeit - Halbleiter dotieren



Mit Phosphor verunreinigtes, n-dotiertes Silizium
Abb. 2: Mit Phosphor verunreinigtes, n-dotiertes Silizium.

Reines Silizium hat bei Zimmertemperatur eine sehr geringe Leitfähigkeit, da alle Elektronen für die Elektronen­paar­bindung benötigt werden. Jedoch kann durch eine gezielte Verunreinigung des Kristalls (dotieren) die Leitfähigkeit um viele Größenordnungen erhöht werden. Dabei wird nur jedes Tausendste Atom ersetzt.

Dotiert man Silizium bspw. mit 5wertigem Phosphor bleibt ein Valenzelektron übrig, welches frei beweglich ist, wie in Abb. 2 gezeigt wird. Man spricht von n-dotiertem Silizium.

Dotiert man Silizium mit 3wertigem Aluminium, fehlt ein Elektron in der Bindung (s. Abb. 3). Benachbarte Elektronen­paar­bindungen können aufbrechen und das Loch besetzen. Dadurch entsteht ein neues Loch welches wiederum von einem benachbarten Elektron besetzt werden kann. So entsteht ein sogenannter Löcherstrom. Dabei verhalten sich die Löcher wie positive Ladungsträger. Man spricht von p-dotiertem Silizium.

Man beachte, dass bei identischer Dotierung durch das notwendige Aufbrechen der Elektronen­paar­bindungen, der Widerstand von p-dotierten Materialien höher ist als der von n-dotierten.

Mit Aluminium verunreinigtes, p-dotiertes Silizium
Abb. 3: Mit Aluminium verunreinigtes, p-dotiertes Silizium.

Aufgabe 1 Welche Aussage ist wahr?

Wähle die korrekten Aussagen aus.

Erkläre den Begriff dotieren.
Wähle eine Antwort.

  1. etwas spenden
  2. Diode in Durchlassrichtung betreiben
  3. gezielte Verunreinigung eines Kristalls
  4. Diode in Sperrrichtung betreiben


Erkläre den Begriff Eigenleitfähigkeit.
Wähle zwei Antworten.

  1. Leitfähigkeit aufgrund von Dotierung
  2. Leitfähigkeit aufgrund von Wärme
  3. Leitfähigkeit aufgrund von Licht
  4. Leitfähigkeit aufgrund von Gitterschwingungen



Erkläre den Begriff Ion.
Wähle eine Antwort.

  1. ein Gas
  2. ein Halbleiter
  3. positiv oder negativ geladenes Atom
  4. ein leitfähiges Metall


Erkläre den Begriff Störstellenleitfähigkeit
Wähle eine Antwort.

  1. Leitfähigkeit aufgrund von Dotierung
  2. Leitfähigkeit aufgrund von Wärme
  3. Leitfähigkeit aufgrund von Licht
  4. Leitfähigkeit aufgrund von Gitterschwingungen


Begründe wieso ein n-Leiter leitfähig ist.
Wähle eine Antwort.

  1. aufgrund der Verunreinigung gibt es freie Löcher
  2. aufgrund von Wärme gibt es freie Elektronen
  3. aufgrund der angelegten Spannung gibt es freie Elektronen
  4. aufgrund der Verunreinigung gibt es freie Elektronen


Begründe wieso ein p-Leiter leitfähig ist.
Wähle eine Antwort.

  1. aufgrund von Wärme gibt es freie Elektronen
  2. aufgrund der Verunreinigung gibt es freie Löcher
  3. aufgrund der angelegten Spannung gibt es freie Elektronen
  4. aufgrund der Verunreinigung gibt es freie Elektronen

Entspann dich erstmal ...



Rezept für 3 Stück Laugengebäck:

  • 160 g Mehl 405
  • 100 g Milch
  • 40 g Sauerteig
  • 5 g Hefe
  • 5 g Salz

Teig kneten und alle 20-30 Minuten falten. Am Ende 30 Minuten ruhen lassen und direkt vor dem Backen mit 4 % Natronlauge bestreichen. Mit Rasierklinge einschneiden und mit grobem Salz bestreuen. Ohne Wasserdampf bei 200 °C circa 15 Minuten backen.

Die Diode - pn-Übergang



Darstellung des pn-Übergangs vor dem diffundieren der Ladungsträger
Abb. 4: Darstellung des pn-Übergangs vor dem dif­fun­dieren der Ladungsträger.

Dotiert man Silizium so, dass ein p-Gebiet unmittelbar an ein n-Gebiet grenzt (pn-Übergang, so diffundieren Elektronen aus dem n-Gebiet in das p-Gebiet und besetzen dort die fehlenden Elektronen (Löcher). Umgekehrt diffundieren Löcher aus dem p-Gebiet in das n-Gebiet und werden dort von überschüssigen Elektronen besetzt (Abb. 4).

Die freien Ladungs­träger verschwinden an der Grenze, so dass hier ein Isolator entsteht.

Man beachte, dass die Grenzschicht an frei beweglichen Ladungs­trägern verarmt. Übrig bleiben ortsfeste (unbewegliche) Ladungen (Ionen): positive geladene Donatoren im n-Gebiet und negative Akzeptoren im p-Gebiet. Aus diesem Grund wird dieser Bereich als Raum­ladungszone (RLZ) bezeichnet.

Das so entstandene Bauelement nennt man Diode.

Darstellung des pn-Übergangs nach dem diffundieren der Ladungsträger mit Raumladungszone (RLZ)
Abb. 5: Darstellung des pn-Übergangs nach dem dif­fun­dieren der Ladungsträger mit Raumladungs­zone (RLZ).

Diode - Schaltzeichen und Kennlinie



Schaltzeichen der Diode
Abb. 6: Schaltzeichen der Diode.

Abb. 6 zeigt das Schaltzeichen der Diode. Der Pfeil zeigt in Durchlassrichtung.

Legt man eine äußere Spannung UF (engl.forward voltage VF) zwischen p- und n-Gebiet in Durchlassrichtung an (p- Gebiet am Pluspol, Minuspol am n-Gebiet), so werden Elektronen Richtung p-Gebiet bewegt. Die Raumladungs­zone wird verkleinert. Erreicht die angelegte Spannung die Schleusen­span­nung US (engl. threshold voltage VT0) ist die Raumladungszone abgebaut und die Diode wird leitfähig. Der Strom IF (engl. forward current) nimmt exponentiell mit der angelegten Spannung zu (s. Abb. 7).

In Sperrrichtung (engl. reverse) hingegen werden am Rand der Raumladungszone weitere freie Ladungsträger in das gegenüberliegende Gebiet abgezogen und die Raumladungs­zone wird größer. Die Raumladungszone wirkt wie eine Kapazität, dessen Größe von der Sperrschichtweite abhängt und parallel zur Diode liegt.

In Abb. 7 kommt es oberhalb der Sperrspannung UBR (engl. breakthrough voltage VBR) kommt es zum sogenannten Lawinendurchbruch. Einzelne freie Ladungsträger in der Raumladungszone werden so stark beschleunigt, dass sie beim Zusammenstoß mit einem Si-Atom weitere Elektronen freisetzen, welche wiederrum entsprechend beschleunigt werden.

Die Diode kommt unter anderem als Verpolungsschutz zum Einsatz.

Spannungs-Strom-Kennlinie der Diode
Abb. 7: Spannungs-Strom-Kennlinie der Diode mit Angabe typischer Kennwerte.

Diode -Schaltverhalten



Schaltung für hochfrequente Ansteuerung von Dioden
Abb. 8: Schaltung für hochfrequente Diodenansteuerung.

Dioden haben eine Sperrschichtkapazität CS. In hochfrequenten Anwendungen muss bei jedem Schaltvorgang CS auf-, bzw. abgebaut werden. Je größer die räumliche Ausdehnung der Sperrschicht, desto länger dauert der Vorgang. Abb. 8 zeigt den Schaltungsaufbau.

Beim Übergang vom Sperrzustand in den Durchlasszustand wird die Sperrschichtkapazität abgebaut und eine Diffusionsspannung aufgebaut werden, in dem die Raumladungszone mit Ladungsträgern durchsetzt wird. Typische Werte für die Anstiegszeit (engl. rise time) sind tr = 2 µs (s. Abb. 9).

Beim Übergang vom Durchlasszustand in den Sperrzustand müssen Ladungsträger aus der Raumladungszone ausgeräumt werden. Es fließt für kurze Zeit ts (engl. storage time) ein konstanter Strom in Sperrrichtung, welcher dann in der Zeit tf (engl. fall time) mit der Zeitkonstante τ die Sperrschichtkapazität CS entlädt (s. Abb. 9). Die Speicherzeit berechnet sich zu:

$$t_s=\tau \cdot \ln\left(1+I_F/I_R\right)$$
Signalverlauf bei hochfrequenter Ansteuerung von Dioden
Abb. 9: Signalverlauf bei hochfrequenter Ansteuerung einer Diode.

Aufgabe 2 Welche Aussage ist wahr?

Wähle die korrekten Aussagen aus.

Beschreibe den Strom in Durchlassrichtung einer Diode.
Wähle beliebig viele Antworten.

  1. Der Strom steigt oberhalb von UBR exponentiell.
  2. Der Strom steigt oberhalb von US exponentiell.
  3. Unterhalb der Schleusenspannung sperrt die Diode.
  4. In Durchlassrichtung ist der Pluspol am p-Gebiet.


Beschreibe den Strom in Sperrrichtung einer Diode.
Wähle beliebig viele Antworten.

  1. Unterhalb von UBR steigt der Strom stark an.
  2. Der Stromverlauf ist linear
  3. Oberhalb von UBR steigt der Strom stark an.
  4. Unterhalb von UBR fließt kein Strom.



Beschreibe die Eigenschaften der Raumladungszone.
Wähle eine Antwort.

  1. sie ist elektrisch neutral
  2. sie ist immer gleich groß
  3. in Durchlassrichtung wird sie größer
  4. in ihr sind ortsfeste Ionen


Beschreibe eine Diode
Wähle eine Antwort.

  1. die Kathode ist der Pluspol
  2. das Schaltzeichen ist identisch zum Kondensator
  3. die Anode ist der Pluspol
  4. besitzt keine Sperrschichtkapazität


Beschreibe die Eigenschaften von CS.
Wähle eine Antwort.

  1. bei allen Dioden identisch
  2. sie ist bei Hochfrequenzanwendungen wichtig
  3. in Durchlassrichtung wird sie größer
  4. exitsiert nicht


Beschreibe das Verhalten von CS.
Wähle eine Antwort.

  1. wird beim Ausschalten geladen
  2. wird beim Ausschalten entladen
  3. wird beim Einschalten geladen
  4. wird beim Einschalten zu Null



Wortliste und Satzbausteine



der Halbleiter, ~ Kristall dessen Leitfähigkeit einstellbar ist
das Valenzelektron, -en Bindungselektron der Elektronenpaar­bindung
die Diode, -n Bauteil welches nur in einer Richtung leitfähig ist
dotieren Halbleiter mit Fremdatome verunreinigen, damit diese leitfähig werden
das Ion, -en positiv oder auch negativ geladene Atome
Eigenleitfähigkeit Leitfähigkeit aufgrund von Gitterschwingungen durch Wärme
Störstellenleitfähigkeit Leitfähigkeit aufgrund von Dotierung
der p-Halbleiter, ~ leitfähiger Kristall aufgrund fehlender frei beweglicher Elektronen (Löcher)
der n-Halbleiter, ~ leitfähiger Kristall aufgrund frei beweglicher Elektronen
die Raumla­dungs­zone Sperrschicht zwischen p- und n-Leiter
der pn-Übergang, -"e Grenzschicht zwischen einem p- und n-Leiter
die Anode, -n der Pluspol einer Diode
die Katode, -n der Minuspol einer Diode