Flaschen mit verschiedenen Sandarten

Bluthochdruck ist der höchste Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen. Ein neues Medikament mit Lavendel soll Abhilfe schaffen.

1 Neues Bluthoch­druck­medikament
Sandflaschen mit schwarzem und weißem Sand

In Deutschland sind etwa 25 Millionen Menschen von Bluthochdruck betroffen, also fast 1/3. Ein neues Bluthochdruckmedikament soll 80 % aller Patienten helfen. Bisherige Medikamente haben nur 60 % der Patienten geholfen.

Ein Arzt möchte es genauer wissen und untersucht 20 Personen mit dem neuen Medikament. Laut dem Erwartungswert $\mu = n \cdot p = 20 \cdot 0,8$ kann er damit rechnen, dass nun 16 Personen, statt 12, durch die Therapie gute Blutdruckwerte erreichen.

2 Hypothesentest als Prüf­verfahren
Binomialverteilung mit n=20, p=0,8

Was aber, wenn weniger als 16 Personen gute Blutdruckwerte erreichen? Ist das Me­dikament dann genauso schlecht wie die Vorherigen? Er muß entschei­den, ab wieviel erfolgreich behandelten Patienten er dem neuen Medikament trauen will.

Der Erwartungswert des alten Medikamentes war mit 12 doch deutlich niedriger und so entscheidet sich der Arzt für folgenden kritischen Wert um die Hypothese zu tes­ten: Wenn das neue Medikament mindestens 14 Personen hilft, dann ist es besser.

$p$ 0,6 0,8
$E(x)$ 12 16
3 Mögliche Fehler
Binomialverteilung für n=20, p=0,8

Fehler Nr. 1:
Angenommen, dass Medikament hilft tatsächlich 80 %. So gibt es aber trotzdem die Möglichkeit, dass von 20 Patienten, weniger als 14 geholfen wird.

$$\alpha = P(X\leq 13)=8,67\: \%$$

Fehler Nr. 2:
Angenommen, dass Medikament hilft nur 60 %. So gibt es aber trotzdem die Möglichkeit, dass von 20 Patienten, 14 oder mehr geholfen wird.

$$\beta = P(X\geq 14)=25\: \%$$
4 Strategie beim Hypothesentest
Lampe

Anstatt nun den kritischen Wert willkürlich festzulegen, wird in der Praxis meistens die Wahrscheinlichkeit $\alpha$ für einen Fehler erster Art festgelegt und daraus der kritische Wert bestimmt.

Üblich sind $\alpha \leq 10\:\%$ oder bei der Warenkontrolle $\alpha \leq 5\:\%$. Aber bei medizinischen Kontrollen oder auch in der Kommunikationstechnik ist man durchaus bei Werten von $\alpha \leq 1\:\%$.

Beim Testen von Hyphotesen, testet man diejenige, bei welcher man davon ausgehen kann, dass sie verworfen wird. Damit gilt die Annahme mit der Wahrscheinlichkeit $\alpha$ oder $\beta$ als widerlegt.

5 Zweiseitiger Binomialtest
Münze

Normalerweise gehen wir davon aus, dass der Münzwurf ein LAPLACE-Experiment ist. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für Zahl 50 % beträgt. Dies stellen wir als Hypothese auf. Die Gegenhypothese wäre $p \neq 0,5$.

Der Erwartungswert bei einem $n=100$stufigen Experiment beträgt $\mu = 50$. Wir bestimmen die kritischen Werte so, dass der äußere Wahrscheinlichkeitsbereich max. 10 % beträgt.

$$P_{0,5}(42\leq X \leq 58)=91,1\:\%$$

Dies bedeutet: Falls $X<42$ oder $X>58$ wird die Hypothese $p=0,5$ verworfen.

6 Varianz und Standardabweichung
Binomialverteilung

Die Streuung der Binomialverteilung um den Erwartungswert $\mu$ ist abhängig vom Stichprobenumfang $n$ und der Trefferwahrscheinlichkeit $p$. Die Varianz $V(X)$ der Zufallsvariable X bezeichnet die zu erwartende mittlere quadratishe Abweichung vom Erwartungswert $\mu$:
$V(x)=(0-\mu)^2 \cdot P(X=0) +$ $ \ldots + (n-\mu)^2 \cdot P(X=n)$ $=n\cdot p\cdot (1-p)$

Die Standardabweichung $\sigma$ ist ein Maß für die Streuung der Binomialverteilung um den Erwartungswert $\mu$.

$$\sigma=\sqrt{n\cdot p\cdot (1-p)}$$
7 Sigma-Umge­bungen
Binomialverteilung

Die Abbildung zeigt eine Binomialverteilung mit $p=0,5$ und $n=100$. Der Erwartungswert beträgt $\mu=50$ und die Standardabweichung $\sigma=5$. Der markierte Bereich stellt die $\pm 1$-Sigma-Umbgebung dar.
$P(\mu \pm 1\sigma: 45\leq X \leq 55)=0,729$
$P(\mu \pm 2\sigma: 40\leq X \leq 60)=0,965$
$P(\mu \pm 3\sigma: 35\leq X \leq 65)=0,998$

Diese Werte sind in etwa für alle Verteilungen identisch unabhängig von der Trefferwahrscheinlichkeit oder Stichprobenumfang. Für $\sigma >3$ gilt: $P_{\pm 1,64\sigma}=0,9$
Ideen:
H. Griesel et al, "Elemente der Mathematik", Bildungshaus Schulbuchverlage, 2010



Aufgabe 1 Fehlerwahrscheinlichkeit

Ein neuer Laser soll statt 10 % Ausfälle nur noch 1 % Ausfälle haben. Um diese Hypothese zu bestätigen wird ein kritischer Wert von 5 Ausfällen bei einer Stichprobenmenge von 100 festgelegt. Das bedeutet, wenn weniger als 5 Laser ausfallen ist die Charge gut.

Skizze vertikal emittierender Laser

  1. Berechne den Erwartungswert für beide Ausfallswahrscheinlichkeiten.
  2. Berechne die Fehlerwahrscheinlichkeit 1. Art.
  3. Berechne die Fehlerwahrscheinlichkeit 2. Art.
  4. Berechne die Fehlerwahrscheinlichkeit 2. Art bei einem Stichprobenumfang von $n=200$. Passe den kritischen Wert entsprechend an.
  5. Beurteile: Wäre es sinnvoller den kritischen Wert auf 4 herabzusetzen?
  6. Wie hoch ist die Lebenserwartung eines Lasers in der Kommunikationstechnik und die zugehörige Ausfallwahrscheinlichkeit?
  1. Erwartungswerte:
    $E(p=10\:\%)=10\:\%$
    $E(p=1\:\%)=1\:\%$
  2. Fehler Nr. 1: Der Laser hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 1 %. Es fallen aber 5 oder mehr Laser aus:
    $P(X\geq 5)=0,34\: \%$
  3. Fehler Nr. 2: Der Laser hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 10 %. Es fallen aber nur 4 oder weniger Laser aus:
    $P(X\leq 4)=2,37\: \%$
  4. Fehler Nr. 2 bei $n=200$: Der Laser hat eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 10 %. Es fallen aber nur 8 oder weniger Laser aus:
    $P(X\leq 8)=0,14\: \%$
  5. Kritischer Wert = 4:
    Fehler Nr. 1: $P(X\geq 4)=1,84\: \%$
    Fehler Nr. 2: $P(X\leq 3)=0,78\: \%$

    Der Fehler erster Art ist etwas erhöht, dafür aber der Fehler zweiter Art entsprechend geringer.

  6. Laser in der Kommunikationstechnik haben selbst bei Temperaturen von 85 °C eine Lebenserwartung von über 20 Jahren mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,1 %.

Entspann dich erst mal ...


Hier: Daniel Jung.

Aufgabe 2 gezinkte Münze

Tina behauptet: "Diese Münze ist gezinkt. Zahl wird mit 60 % Wahrscheinlichkeit getroffen."

  1. Entwirf einen Testplan.
  2. Lege einen kritischen Wert fest.
  3. Berechne die Fehlerwahrscheinlichkeit 1. Art.
  4. Beschreibe welche Bedeutung die Fehlerwahrscheinlichkeiten haben und wie du sie reduzieren kannst.
Euromünze

Am besten du führst den Versuch mit einer Gruppe von Menschen durch. Wie wäre es mit deiner Klasse?

Tipp: Du kannst die Ranint(1,2)-Funktion am Taschenrechner nutzen, um das Experiment durchzuführen.



Aufgabe 3 Marketing

Der Bekanntheitsgrad eines Energydrinks ist umstritten. Während die Geschäftsführung von 70 % ausgeht, glaubt die Marketingabteilung nur an 40 %. Durch eine Stichprobe mit dem Umfang $n=50$ will man herausfinden, ob eine Werbekampange notwendig ist. Dabei darf der Fehler 1. Art höchstens $\alpha=10\:\%$ betragen.

Energydrinkdose

  1. Berechne den Erwartungswert der Marketingabteilung und der Geschäftsführung.
  2. Berechne die Entscheidungsregel, die aus Sicht der Marketingabteilung getroffen werden muss.
  3. Berechne die Entscheidungsregel, die aus Sicht der Geschäftsführung getroffen werden muss.
  4. Bestimme die Wahrscheinlichkeit $\beta$ für die Marketingabteilung.
  5. Bestimme die Wahrscheinlichkeit $\beta$ für die Geschäftsführung.
  6. Beurteile: Welcher Test scheint sinnvoller?
  1. Marketingabteilung: $\mu = 50 \cdot 0,4 = 20$
    Geschäftsführung: $\mu = 50 \cdot 0,7 = 35$
  2. Marketingabteilung:
    Angenommen der Bekanntheitsgrad liegt bei nur 40 %. Trotzdem kennen 25 oder mehr Personen den Energydrink: $\alpha=P(X\geq 25)=9,78\: \%$
    Binomialverteilung
  3. Geschäftsführung:
    Angenommen der Bekanntheitsgrad liegt bei 70 %. Trotzdem kennen nur 30 oder weniger Personen den Energydrink: $\alpha=P(X\leq 30)=8,48\: \%$
    Binomialverteilung
  1. Marketingabteilung:
    Angenommen der Bekanntheitsgrad liegt bei 70 %. Trotzdem kennen nur 24 oder weniger Personen den Energydrink: $\beta=P(X\leq 24)=0,09\: \%$
  2. Geschäftsführung:
    Angenommen der Bekanntheitsgrad liegt bei nur 40 %. Trotzdem kennen 31 oder mehr Personen den Energydrink: $\alpha=P(X\geq 31)=0,14\: \%$

Aufgabe 4 Haben Elefanten ein Gedächtnis?

Von Elephanten wird immer wieder berichtet, dass sie ein sehr gutes Gedächtnis haben. Um dies genauer zu untersuchen, lässt man ihnen an ihrem Gehege eine rechte und eine linke Öffnung und füttert ihnen jeweils Bananen. Nach einiger Zeit wiederholt man das Experiment und beobachtet, ob sie den rechten oder linken Ausgang verwenden. Der Versuch wird mit 100 Elefanten durchgeführt.

  1. Wie oft müssten die Ereignisse LL, RR, LR und RL auftreten, falls Elefanten kein Gedächtnis haben?
  2. Bestimme die Entscheidungsregel für die Hypothese Elefanten haben kein Gedächtnis bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von $\alpha \leq 10\:\%$.
  3. Wovon kann man ausgehen, falls Elefanten ein Gedächtnis haben?
zwei Elefanten

  1. Die Ereignisse LL, RR müssten genauso oft auftreten wie LR und RL
  2. $P_{0,5}(41 \leq X \leq 59)=0,9431$
    $P_{0,5}(42 \leq X \leq 58)=0,9114$
    $P_{0,5}(43 \leq X \leq 57)=0,8668$

    Die Elefanten haben kein Gedächtnis mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von $\alpha \leq 10\:\%$, falls zwischen 42 und 58 Elefanten LR oder RL als Ausgang wählen.

  3. Sollten Elefanten tatsächlich ein Gedächtnis haben können wir davon ausgehen, dass mindestens 59 Elefanten LL oder RR wählt.


Aufgabe 5 Standardabweichung

Bestimme die Standardabweichung.

Binomialverteilung

  1. Es wird $n=3$mal gewürfelt. Die 6 gilt als Treffer.
  2. Es wird $n=10$mal gewürfelt. Die 6 gilt als Treffer.
  3. Der Stichprobenumfang beträgt $n=40$ und die Trefferwahrscheinlichkeit $p=0,6$.
  4. Vervollständige die Tabelle für $n=100$:
    $p$ 0,5 0,4 0,6 0,3 0,7
    $\sigma$
  1. $\sigma = 0,6455$
  2. $\sigma = 1,1786$
  3. $\sigma = 3,0984$
  4. Tabelle für $n=100$:
    $p$ 0,5 0,3 0,7 0,1 0,9
    $\sigma$ 5 4,6 4,6 3 3

Aufgabe 6 Sigmaumgebung

Bei einem 400fachen Münzwurf gilt: $\mu = 200$ und $\sigma = 10$. Bestimme die Wahrscheinlichkeit bei der die Anzahl von "Zahl" in volgendem Intervall liegt:

  1. [160; 240]
  2. [175; 225]
  3. [180; 220]
  4. [$\mu - \sigma$; $\mu + \sigma$]
  5. [$\mu - 1,6\sigma$; $\mu + 1,6\sigma$]
  6. [$\mu - 3\sigma$; $\mu + 3\sigma$]
eine Münze

  1. $P(160 \leq X \leq 240)=1$
  2. $P(175 \leq X \leq 225)=0.9893$
  3. $P(180 \leq X \leq 220)=0.9745$
  4. $P(190 \leq X \leq 210)=0.833$
  5. $P(184 \leq X \leq 216)=0.9012$
  6. $P(170 \leq X \leq 230)=0.9978$


Wortliste und Satzbausteine



der Erwartungs­wert, -e der am häufigsten auftretende Wert bei einer Stichprobe: $\mu=n\cdot p$
die Hypothese, -n eine Vermutung
der Hypothesen­test, -s Versuch bei dem eine Vermutung (Hypothese), mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit bestätigt oder verworfen wird.
der kritische Wert, -e Ergebnis, welches zum Testen einer Hypothese als Grenzwert festgelegt wird.
Fehler 1. Art $\alpha$, keine Mehrzahl Obwohl die Hypothese wahr ist, verwirft das Testergebnis die Hypothese.
Fehler 2. Art $\alpha$, keine Mehrzahl Obwohl die Hypothese falsch ist, bestätigt das Testergebnis die Hypothese.
die Irrtums­wahrscheinlich­keit $\alpha$ und $\beta$, -n die Wahrsscheinlichkeit für einen Fehler 1. und 2. Art
das LAPLACE-Experiment, -e Ein Experiment wie der Münzwurf, bei dem es nur 2 Ereignisse gibt und beide Ereignisse mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % eintreten.
Der zweiseitige Binomial­test, -s Ein Hypohesentest, bei welchem die Wahrscheinlichkeiten der Randbereiche der Binomialverteilung bestimmt werden.
Die Standardab­weichung, -en Ein Maß für die Streuung der Binomialverteilung um den Erwartungswert $\mu$: $\sigma = \sqrt{np(1-p)}$
Die Sigmaum­gebung, -en Berechnung mit welcher Wahrscheinlichkeit das Ereignis im Bereich $\mu \pm \sigma$ liegt.
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